Konfliktlösung – Aber wie?
Ich möchte dir heute eine mehr als 900 Jahre alte Konfliktlösung vorstellen, von der ich begeistert bin. Es nennt sich „Chöd-Ritual“ und ist eine tibetisch-buddhistische Konfliktlösung.
Konflikte gibt es viele. Da wäre einerseits der Streit im Außen. Andererseits stehen wir oft mit uns selbst im Konflikt, zweifeln an unseren Fähigkeiten oder wollen uns nicht so akzeptieren wie wir sind. Wenn dir etwas davon bekannt vorkommt, dann lies weiter:
Sich selbst in den Blick nehmen:
Bist du traurig oder genervt, weil Auseinandersetzungen voller Spannung oder Vorwürfen verlaufen sind? Egal, ob es in deiner Beziehung kriselt oder du ein Problem mit einem:r Freund:in, in der Familie oder bei der Arbeit hast, oft liegt mindestens eine Wurzel des Problems in dir selbst. Selbst wenn das Gegenüber den Großteil der Verantwortung trägt, liegt es an dir, mit welcher Emotion und mit welchem Verhalten du reagierst. Das Gute, an dieser Erkenntnis ist, dass du dadurch mit in der Hand hast, ob es weiterhin zu Stress in dir und in den Kontakten mit anderen kommt oder nicht.
Hast du dir schon einmal folgende oder ähnliche Fragen gestellt:
– Wie gehe ich mit meinen Ängsten um?
– Wie kann ich mit meiner Wut leben?
– Wie komme ich besser mit einer Krankheit zurecht?
– Wie kann ich endlich in Frieden kommen mit dieser schwierigen Person?
Wie funktioniert die tibetisch-buddhistische Konfliktlösung?
Die Art und Weise, wie wir mit uns umgehen, hat große Auswirkungen auf den Umgang mit Konflikten.
Vor zehn Jahren, als ich in einer Zeitschrift las, stieß ich auf die Technik „Den inneren Dämonen Nahrung geben“. Nachdem ich den Artikel gelesen hatte, probierte ich sie direkt aus. Die Herangehensweise faszinierte mich.
Es ähnelt sowohl einer Meditation als auch einer tiefgreifenden Therapie. Meine Not wurde in den Blick genommen. Ich wurde angeleitet mich um meine „negativen Gefühle“, wie eine liebevolle Mutter zu kümmern.
Wir alle sind kreativ.
Selbst wenn du nicht überzeugt bist, der geborene Maler/ die geborene Malerin zu sein, steckt diese Fähigkeit in dir. Manchmal braucht es nur etwas Mut und Neugier den eigenen Zugang zur Kreativität zu entdecken. Schon allein in unseren Träumen erschaffen wir Bilder Räume, Wesen.
Unsere Vorstellungskraft nutzen wir bei der tibetisch-buddhistischen Konfliktlösung. Wir geben zum Beispiel der Wut ein Gesicht und werden kreativ. Intuitiv stellen wir uns einen Körper, ein ganzes Wesen, nämlich diesen „Dämon“ vor. Wie groß ist er? Oder ist es eine sie? Welche Farben besitzt er, wie viele Arme oder Beine? Hat es eine zottelige Frisur oder gar keine Haare. Ist es wie ein Nebel, nicht greifbar oder groß und fest wie ein Fels? Manche Menschen nehmen auch einen Geruch wahr oder hören etwas.
“Drachen gibt’s doch gar nicht!” – Ein kleiner Ausflug in die Welt der Kinderliteratur:
Falls du dich nun fragst, welchen Sinn es hat sich das Negative genauer anzuschauen, hier eine Geschichte von Jack Kent,, die ich als Kind gelesen habe. Sie passt zu dem Thema. Denn die Frage: „Warum ist dieses Gefühl, dieses Symptom so schlimm?“ Findet hier eine Antwort.
Als Kind hatte ich ein süßes, bebildertes Buch „Drachen gibt es doch gar nicht.“ In der Geschichte wacht ein Junge, Felix, morgens auf. Er staunt, denn er hat Besuch von einem kleinen Drachen, der sich wie ein Haustier verhält. Er streicht wie eine Katze um seine Beine und will beim Frühstück mitessen wie ein frecher Hund.
Weil aber die Mutter behauptet: „Drachen gibt es doch gar nicht!“, ignoriert Felix das Tier.
Im Tagesverlauf wächst und wächst der kleine Freund, bis er so groß ist, dass er das Haus der Familie wie ein Schneckenhaus auf dem Rücken tragen kann. Das konnte ich als Kind auf einem der Bilder sehen, weil das Fabelwesen einem Postauto hinterherjagt. Zum Glück klärt Felix endlich seine Mutter auf: Diesen Drachen gibt es doch!
Während der Junge das Tier streichelt, schrumpft er wieder auf niedliche Haustiergröße.
Ich finde, diese Geschichte ist eine weise Lektion.
Ähnlich wie bei dem Drachen ist es bei der buddhistischen Technik. Wenn wir uns um unsere Schatten kümmern, nehmen sie in der Folge weniger Raum ein und können im besten Fall zu hilfreichen Begleitern werden.
Wie kann ich mir die buddhistische Konfliktlösung vorstellen?
Wenn du neugierig geworden bist, hier eine kurze Anleitung.
Die Übung besteht aus mehreren Schritten:
1. Du sitzt auf einem Stuhl (oder Kissen), dir gegenüber ist ein weiterer freier Stuhl. Wenn du von einem Therapeuten/ einer Therapeutin angeleitet wirst, sitzt er/sie auf einem dritten Stuhl neben dir.
2. Stelle dir vor, dass das Gefühl oder Symptom, das du dir anschauen möchtest, dir gegenüber auf dem leeren Stuhl sitzt. Nimm dir Zeit. Wenn es ein Wesen wäre, wie würde es aussehen?
3. Du stellst Fragen, wie zum Beispiel: „Was willst du von mir? Was brauchst du wirklich?“.
4. Du schlüpfst in die Rolle des Dämons/ deines Schattens, fühlst dich ein und beantwortest die Fragen. Dafür wechselst du den Platz und setzt dich auf den freien Stuhl.
5. Anschließend wechselst du wieder die Stühle. Du fragst, wie sich der Dämon fühlen würde, wenn er bekommt, was er braucht. Erkundigst dich, was sich für ihn und für dich verändert, wenn dies eintrifft.
6. In einer meditativen Haltung stellst du dir vor, wie du dem Schatten Nahrung gibst. Eine mögliche Vorstellung ist die, dass du selbst zu goldenem Nektar wirst, der den Schattenanteil deiner selbst füttert, bis er satt ist.
7. Dadurch ist der Dämon zufrieden und dies verändert sein Wesen. Möglich ist hier, dass er schrumpft, kleiner und netter wird oder ganz verschwindet.
Nicht selten tritt statt ihm ein Helfer in einer Gestalt auf, die zum Beispiel einem Phantasietier oder einem Märchenwesen ähnelt.
Kennst du das, in einer Wut kann Kraft und Lebensenergie stecken, in einer Angst eine Schutzreaktion und in einer Krankheit ein Wegweiser.
Es ist nicht alles schlecht, was sich zunächst unangenehm anfühlt.
Am Ende lassen wir diese inneren Bilder wieder los. Wichtig ist, wieder im „Alltagsbewusstsein“ anzukommen, das hoffentlich nun von mehr Klarheit und Ruhe geprägt ist.
Die ganze Praxis ist gekennzeichnet von einer interessierten und liebevollen Haltung.
Meine persönliche Erfahrung:
Der Artikel über die buddhistische Konfliktlösung faszinierte mich, so dass ich Anschluss das dazugehörige Buch (Empfehlung siehe unten) kaufte. Was die Autorin, Tsültrim Allione, schrieb, überzeugte mich. Und ich wiederholte die Übung.
tAls ich mich einige Monate später einer großen Angst ausgeliefert fühlte, praktizierte ich die Technik wieder und war anschließend von einem inneren Frieden erfüllt. Ich war anschließend überrascht, wie gut es mir geholfen hatte, und darüber sehr dankbar.
Zunächst übte ich alleine und mit Freunden. Später ließ ich mich von einer Kollegin anleiten.
iDenn in Begleitung ist dieses Ritual wie so Einiges an innerer Arbeit leichter. Den Schritt sich auf seine Ängste oder anderes, was wir als negativ erleben, tief einzulassen und es sich anzuschauen, erfordert Mut.
Auch bei dem letzten Schritt, dem Weg zurück in unser Alltagsbewusstsein, kann eine zweite Person hilfreich sein.
Seitdem ich selbst so gute Erfahrungen mit dieser Form der Konfliktlösung gemacht habe, empfehle ich es Freunden und biete es meinen Patienten in meiner Heilpraxis in Mönchengladbach an.
Wenn du eine persönliche Anleitung bevorzugen solltest, melde dich gerne bei mir. Es ist vor Ort in meiner Praxis oder online möglich: Kontakt für online – Beratung oder persönliche Gespräche.
Ich wünsche dir viel Mut und Abenteuerlust beim Kennenlernen deiner Schatten!
Deine Saskia
Exkurs – Neuer Umgang mit Negativem:
Die tibetisch-buddhistischen Konfliktlösung ist eine von vielen Methoden, die helfen einen neuen Umgang mit negativen Gefühlen oder Krankheiten zu erlernen. Es kann erleichternd sein, zu erfahren, dass wir uns „sein lassen“. Mit der Zeit wächst die Gewissheit in dir: Du bist in Ordnung so, wie du bist. Auch mit deiner Wut oder deinem „Makel“ bist du liebenswert.
Die Dinge „sein zu lassen“, ist ein Aspekt, den ich von der Meditation kenne, und sehr schätze. Wenn dich dies anspricht, lese gerne auch meinen Blogtext zur Meditation.
Es lohnt sich eine liebevolle Haltung zur Gewohnheit zu machen, denn wenn wir uns unseren Gefühlen nicht zuwenden, ist die Alternative oft ungesund.
Wenn wir Themen nicht aufarbeiten, sind eine typische unbewusste Reaktion auf Stress bei uns Menschen instinktive Reflexe wie „Kampf oder Flucht“. Dies ist eine uralte Verhaltensweise, von der vermutet wird, dass sie aus der Steinzeit stammt und unser Überleben sicherte. Heute reagieren wir manches Mal sowohl auf Stress oder Probleme im außen als auch auf Negatives in Inneren auf diese Weise.
Kampf bedeutet im Außen Streit und Wettkampf, Ellenbogendenken oder Manipulation.
Im Innern heißt es, dass wir Anteile von uns ablehnen und bekämpfen.
Wir akzeptieren vielleicht unsere Freude und positive Gefühle, aber wollen zum Beispiel keine Angst oder Wut zulassen.
Aus Angst vor Streit das Thema zu wechseln ist schon eine Art der Flucht. Eine weitere Strategie des Flüchtens ist eine Person und Situationen zu meiden. Oder wir suchen Ablenkung. Wir tun so, als wäre alles in Ordnung. Wir versuchen nett zu sein, obwohl es in unserem Gefühlsleben brodelt.
Der Ansatz ist in dem Ritual der Konfliktlösung ganz anders. Wir wenden uns den Gefühlen und Problemen bewusst und liebevoll zu.
Buchempfehlung:
Möchtest du mehr zu diesem Thema wissen, dann lege ich dir das Buch „Den Dämonen Nahrung geben“ von Tsültrim Allione (Arkana Verlag) ans Herz.
Ich wünsche dir viel Spaß dabei, dich immer tiefer zu entdecken!